Die Taschenlampe

Die Taschenlampe brennt.
Noch habe ich keine Ahnung, wie lange die kleine Lampe leuchten wird. Habe sie für mich als Symbol ausgewählt, dem ich ständig begegne. Die Taschenlampe liegt auf meinem Schreibtisch. Sie brennt im wahrsten Sinn als „Lampe der Hoffnung“ für Jiang Tianyong.
Ich kann das Zimmer verlassen, sie sogar mitnehmen: Kein Windzug wird sie löschen. Ich werde sie erst ausmachen, wenn ich Neues, Entlastendes über Jiang Tianyong erfahre. Habe einige Batterien als Ersatz bereit liegen, weil ich fürchte, dass das dauern wird.
Von dem Menschenrechtsanwalt Jiang Tianyong fehlt seit dem 21. November 2016 jede Spur. Er wollte an diesem Tag einen Zug von Changsha in der Provinz Hunan nach Peking nehmen. Er ist in der Vergangenheit bereits inhaftiert worden. Ihm drohen Folter und andere Misshandlungen.
Jiang Tianyong, ein Menschenrechtsanwalt aus Peking, besuchte am 21. November die Frau des inhaftierten Menschenrechtsanwalts Xie Yang in Changsha in der Provinz Hunan. Er begleitete sie und drei weitere Rechtsbeistände zu der Hafteinrichtung in Changsha, um ihnen zu helfen, einen Besuchstermin mit Xie Yang zu vereinbaren. Kurz bevor Jiang Tianyong in den Zug zurück nach Peking steigen sollte, telefonierte er mit seiner Frau Jin Bianling. Seither fehlt von ihm jede Spur.
Jiang Tianyong ist ein in China bekannter Menschenrechtsanwalt, dem 2009 aufgrund seines Aktivismus die Anwaltslizenz entzogen wurde. Seither hat er seine Arbeit als Menschenrechtsverteidiger trotz anhaltender Schikane, Inhaftierung und körperlicher Übergriffe fortgeführt.