Christnacht Pressemitteilung

Durchhalten

Gottesdienst in der Christnacht (Darmstadt), 24.12.2015

Zum letzten Mal gestaltet der Darmstädter Pfarrer Wolfgang H. Weinrich gemeinsam mit seiner Frau Pfarrerin Anja Schwier-Weinrich den „Gottesdienst in der Christnacht“. Dies im Jagdhofkeller in Darmstadt/Bessungen, einem für Gottesdienste ungewöhnlichen Ort. Nach 25 Jahren mit Themengottesdiensten am Heiligen Abend, deren Tradition in der evangelischen Dorfkirche in Babenhausen/Hergershausen begann, wird diese Reihe 2015 zu Ende gehen.

Der Jagdhofkeller in Darmstadt/Bessungen ist bereits ab 20.30 Uhr geöffnet. An der langen Theke gibt es auch in diesem Jahr noch einmal Getränke. Um 22 Uhr eröffnet eine Glocke den Gottesdienst. Im Anschluss ist noch Zeit, beieinander zu bleiben bis es dann um 24 Uhr heißt: „Last order“, was so viel bedeutet wie: Der Abend wird ganz langsam beendet.

Helle Baum (Akkordeon/Saxophon) und Danny Haag (Keyboard) begleiten musikalisch diesem letzten Gottesdienst. Beide erfahrene und in allen Musikstilen beheimatete Musiker: Seit vielen Jahren begleiten sie Wolfgang H. Weinrich bei unterschiedlichen Veranstaltungen und Gottesdiensten.

Weinrich, beruflich viel und gestaltend unterwegs (Hessentag, Landesgartenschauen), inzwischen auch Buchautor („Der liebe Gott kommt nicht voran“), möchte gerne weiterhin Neues entwickeln. Anja Schwier-Weinrich ist als Pfarrerin damit beauftragt, junge Leute für die Berufe Pfarrer_in oder Gemeindepädagog_in zu gewinnen. Nach den Gottesdiensten der „Blauen Stunde“ in Darmstadt ist die Christnacht für sie das Format, das Menschen in nichttraditionellen Familienkonstellationen besonders gut anspricht.

Die Einstellung des Gottesdienstes in der Christnacht in diesem Jahr bedeutet, Erprobtes einfach mal „sein“ lassen. Der Gedanke, dass dadurch zahlreiche Menschen nicht wissen, wie sie den Heiligen Abend ohne den „Gottesdienst in der Christnacht“ verbringen werden, stimmt sie dennoch traurig. Doch es wird sich was Neues finden, sind sie sich sicher. So lautet der Titel des letzten Gottesdienstes nicht ohne Hintersinn: „Durchhalten!“ Besonderer Gast an diesem Abend ist Hilma Dijkhuis-Schindling, die als ehemalige Triathletin (u.a. Teilnahme beim Ironman auf Hawaii) und Krankenschwester auf einer Intensivstation jede Menge zum Thema „Durchhalten“ zu sagen hat. Zudem berichtet ein TV-Reporter live am Telefon aus einem kriegsgeschüttelten Land.

25 Jahre Christnacht bedeutete, viele Talkgäste zu haben: Eine Hebamme, ein Lufthansapilot, Journalisten, zum Teil live aus Krisengebieten (Kenia, Beirut, Jerusalem) berichtend, eine Traumatologin, ein Mediationsanleiter, ein Physiotherapeut, ein Fotografen, eine Objektkünstlerin, ein Zahnarzt, mehrere Schauspieler, eine Lektorin, ein THW-Helfer, zahlreiche Pfarrerinnen und Pfarrer, ein Unternehmensberater, ein Lichtkünstler, eine Ausländerbeirätin, eine Kultusministerin, eine Bundesministerin…

25 Jahre Christnacht bedeutete Live-Telefonate in alle Himmelsrichtungen, selbst nach ganz oben: in ein Flugzeug, das gerade über dem indischen Subkontinent unterwegs war.

25 Jahre Christnacht hieß auch: Bluesige Musik mit zahlreichen Musikern aus der Region, einem Gospelchor, mehrere Posaunenchöre und ein Alphornquartett.

Zwei Kinder wurden am späten Abend ebenso getauft und eine kirchliche Ehe geschlossen.

25 Jahre Christnacht: Es gab in nahezu jedem Gottesdienst ein Erinnerungsstück für alle Besuchenden, häufig im Anschluss belegte Brote und Glühwein oder Kleinigkeiten an der Theke des Jagdhofkellers. Grund genug für manche, sich von Weither aufzumachen, um diesen Gottesdienst mitzufeiern.

25 Jahre Christnacht: 20 Jahre in Hergershausen, fünf Jahre in Darmstadt.

Die Idee einen anderen Heilig Abend Gottesdienst zu feiern entstand aufgrund einer persönlichen Lebensveränderung und der Begegnung mit vielen jungen Menschen, denen klassische Gottesdienste wenig zu sagen hatten. So war ursprünglich die „Christnacht“ für die Menschen gedacht, die sich gerade an Weihnachten mit dem traditionellen Familienbild schwer tun, die sich aufgrund von Lebensumbrüchen und Krisen besonders allein fühlen und in dieser „heiligen“ Nacht traurig sind, aber dennoch feiern wollten. Viele und immer mehr kamen und brachten ihre Gedanken, Hoffnungen und Empfindungen mit.

Es entstand die „Christnacht“ mit Talk-Gästen, die etwas zum Thema des Abends zu sagen hatten. Diese Gäste gaben auch die Inhalte vor. Wer die Titel der 25 verfolgt, erkennt, wie die Themen sich veränderten (www.christnacht.de/jahre.php). Die Musik war mal bluesig, rockig und mal ganz meditativ, immer auf das jeweilige Thema abgestimmt. Manches wurde dennoch zum Ritual: Die Atmosphäre schon beim Ansingen der Lieder vor dem Gottesdienst lud einstimmend auf den Anlass des Festes ein. Lichtilluminationen vertieften das Ereignis des persönlichen Neuanfangs, der immer auch mit Weihnachten verbunden ist. Im Zentrum des Gottesdienstes stand unverrückbar die Lesung der Weihnachtsgeschichte nach dem Evangelisten Lukas in der Übersetzung Martin Luthers: „Und es begab sich zu der Zeit…“

An den Reaktionen derer, die kamen, zeigte sich, wie wichtig es ist, sich an diesem Abend seinen Emotionen zu stellen und sich wenn möglich, in sie fallen zu lassen. Die Menschen zu stärken, die ganz schwer an ihrem Schicksal tragen. Die, die vor dem Fest sagen: „Ich werde mich besser verkriechen“; „ich möchte niemanden sehen“, oder „ein Tod, eine Trennung hat mir so sehr zugesetzt: Ich will gar nicht feiern“, zum Fest, zum Feiern zu ermutigen.